Vergängliche Kunst aus dem Meer

Sie haben da was am Ellenbogen. Genau: Sylts wunderschöne Strandgutkunst. Ein Produkt des Zufalls, ein Werk von Meditativspaziergängern, ein Zeugnis von alltäglich selbstverständlichem Umweltbewusstsein, ein Fotomotiv mit begrenzter Halbwertzeit. Wenn der gemeine Sylter, hier sind es vor allem genau genommen Zwei (Namen werden nicht verraten!), stundenlang am Strand entlangspaziert, fällt ihm schon seit langen Jahren auf: Der angespülte Plastikmüll nimmt in dramatischem Ausmaß zu und das in atemberaubendem Tempo.

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Geschenkeband, Luftballons, Plastiktanks und Flaschen, Gummihandschuhe, Kunststoffnetze, Plastikkisten, Tüten, es gibt nichts, was nicht hier ankommt an Zivilisationsmüll und auf der Anreise eine große Gefahr für Meeresbewohner dargestellt hat. In diesem Bewusstsein (und dem Wissen, dass selbst der lächerlichste schlappe Luftballon nebst Kräsuelbandschleife uns alle generationenlang überleben wird, bevor er sich komplett zersetzt) sammeln die „guten“ Insulaner quasi nebenbei auf Sonntagsausflügen und Stippvisiten am Flutsaum eigentlich immer Kunststoffiges auf, was dort herumfliegt und -liegt.

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Auf dem Ellenbogen hat sich nun seit einigen Jahren der Freestyle-Skulpturenbau etabliert, der in einem endlosen Prozess für einander völlig anonymer Mitgestalter langsam über den Sommer zu immer phantastischeren Figuren und Konstrukten ausformt. Und bevor sich jetzt wieder der Empörungsbürger mit einem Aufschrei („Plastikmüll bleibt Plastikmüll, auch, wenn er sich Skulptur nennt! Gefällt mir nicht!“) auf das Thema stürzt, abschließend noch der Hinweis: Die beiden Initiatoren, die vor allem deswegen gerne namenlos bleiben, weil ihnen jegliches aufgeregtes  und -gesetztes Gehype ein Graus ist, betrachten ihr Werk eher als Sammelstelle, denn als tatsächliche Kunst und sorgen vor den ersten Herbst- und Winterstürmen mit gewaltigem persönlichen Arbeitseinsatz dafür, das alles abtransportiert wird und bei Remondis in Rantum zur Entsorgung landet.

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