Politische Wasserspiele

 

Schluchz, wein, brüll, tob: Nun haben sie den Stöpsel gezogen am Außenbecken der Sylter Welle. Zugegeben, es war marode und verlor 24 Stunden täglich Unmengen von Litern Seewasser, verschlang beim Wasseraufheizen viel Energie, es passte nicht mehr in die Zeit und Neues würde besser werden, hieß es, aber – haben wir das nicht alles schon einmal gehört? Richtig. Das war damals in Keitum und dort thront heute – offensichtlich leider vergebens – die Thermenruine wie ein Mahnmal über dem Watt.

Die Entscheidungswege, die zum Abriss des Außenbeckens und zur Planung eines überdachten Sportbeckens führten, waren undurchdringlich, von zahlreichen Schwenks und vielen immer wieder wechselnden „Zwangsfaktoren“ geprägt, zwischenzeitlich liefen sogar differierende Kostenvoranschläge für die Neubaumaßnahme auf, die sich bis heute für die Öffentlichkeit nicht wirklich erklärten. Das Ganze hinterließ schließlich auf breiter Front für viele Insulaner nur Verlierer. Doch zunächst mal der – recht wirren Reihe – nach: Ein überdachtes, energiesparendes Sportbecken sollte her, mit Süßwasser, was Sinn macht, wenn man den Titel „Sport“ ins Etikett packt, denn die zahlreichen Leistungsschwimmer der Insel müssen unter Wettkampfbedingungen trainieren und die schreiben nun mal Süßwasser vor. Auch war von einem Hubboden die Rede, womit man die sehr erfolgreichen Wasserballer, seit dem Keitumer Desaster quasi heimatlos und in der Lister Schwimmhalle auf Abruf zum Traning geduldet und zu Heimspielen auf dem Festland verdonnert, beglücken wollte. Schließlich wurde vehement gefordert, dass endlich eine Möglichkeit zum Schwimmenlernen für die (immer rareren) Sylter Kinder geschaffen werden sollte, was dann den Schulverband ins Finanzboot holte, das bis dahin halt- und sponsorenlos auf der „Welle“ herumdümpelte, und für Außenstehende so gar keinen Sinn machte: Seit Existenz der Welle lernen Sylter Kinder nämlich immer frühmorgens, einmal wöchentlich, bevor der reguläre Badebetrieb losgeht, im ruhenden Wellenbecken. Wer jemals montags kurz nach sieben eine Horde meuternder und streikender Inselkinder durch den dunklen und eiskalten Wintermorgen kutschierte und zur Teilnahme (Haare föhnen hinterher! Mütze auf!) zwang, weiß, wovon die Rede ist. Dann verabschiedete sich aus der Planung, jaja, die Kosten, zunächst der Hubboden, zu teuer, zu teuer, dann wurde das Süßwasser gestrichen, die Kosten, die Kosten, bis die Insel schließlich fassungslos vor dem Ergebnis stand, das nun blitzartig umgesetzt wird. Denn eigentlich macht mans hier nun niemandem mehr Recht – außer mittelfristig der Bilanz des Betreibers. Die Sylter Welle verliert das einzige luxuriöse Alleinstellungsmerkmal, das sie in der allgemein erheblich besser ausgestatteten Deutschen Spaßbadszene noch auszeichnete – das Freischwimmen in Hör- und Sichtweite der Nordsee. Die Sylter Sportschwimmer wurden ausgebootet, genauso wie die anfangs bepuschelten Wasserballer, die zahlreichen Gäste, die das Außenbecken liebten ebenfalls. Abschließend noch ein Tipp: Wer eine Jahres- oder Montaskarte besitzt und von den Ereignissen genauso überrollt wurde, wie die Einheimischen bei dieser in wenigen Monaten anscheinend regelrecht durch die Gremien geprügelten Entscheidung, der sollte flugs seine Karte sperren und festschreiben lassen, bis das neue Sportbecken fertiggestellt ist. Und bis dahin weiter ein kritisches Auge auf das Vorhaben haben. Oder mal mit dem Schulverband über das mehr als 4 Millionen Euro teure Projekt diskutieren.

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